
Urothelkarzinom:
Therapie
Die Therapie des Harnblasenkarzinoms erfolgt multidisziplinär und richtet sich vor allem danach, ob es sich um einen nicht-muskelinvasiven, einen muskelinvasiven oder möglicherweise einen metastasierten Tumor handelt. In Abhängigkeit vom Tumorstadium, dem Differenzierungsgrad, dem Progressionsrisiko, dem Therapieziel und den Patient:innencharakteristika kommen folgende Therapiemodalitäten zum Einsatz:
Intravesikale Instillationstherapie
Als Frühinstillation bei niedrigem Progressionsrisiko und als adjuvante Therapie nach TUR-B des Urothelkarzinoms der Harnblase bei Patient:innen mit intermediärem und hohem Progressionsrisiko kommen zum Einsatz:
- Intravesikale Chemotherapie mit Mitomycin C
- Intravesikale Immuntherapie mit Bacillus Calmette-Guérin (BCG)
Neoadjuvante Therapie
Die radikale Zystektomie ist Standard bei der Behandlung des MIBC mit kurativer Intention. Sofern der Allgemeinzustand der Patient:innen es zulässt, ist bei diesen mit MIBC (≥T2) der Einsatz einer cisplatinhaltigen neoadjuvanten Chemotherapie möglich. Während der neoadjuvanten Chemotherapie sollte ein Restaging erfolgen, um einen möglichen Progress unter der Therapie auszuschließen.
Adjuvante Therapie
Bei Patient:innen mit organüberschreitendem MIBC (≥ pT3 und/oder pN1+) beträgt das Rezidivrisiko nach Zystektomie bis zu 80 %. Aktuell wird deshalb eine cisplatinhaltige adjuvante Chemotherapie empfohlen. Allerdings können diese nur Patient:innen mit guter Nierenfunktion (GFR > 60 ml/min/1,73 m² Körperoberfläche) und mit gutem Allgemeinzustand (Eastern Cooperative Oncology Group, ECOG 0–1) erhalten. Etwa die Hälfte aller Patient:innen mit MIBC erfüllt diese Kriterien jedoch nicht. Entsprechend hoch ist hier der Bedarf an adjuvanten Therapieoptionen, die einem breiteren Patient:innenspektrum zur Verfügung stehen. Aktuell laufen Studien, in denen immunonkologische Wirkstoffe als mögliche neue adjuvante Therapieoptionen untersucht werden.
Erstlinientherapie
Als blasenerhaltende Option kommt bei Patient:innen mit MIBC in kurativer Absicht eine simultane Radiochemotherapie infrage. Als palliative Erstlinientherapie ist bei Patient:innen mit metastasiertem Urothelkarzinom der Harnblase als Erstlinientherapie eine cisplatinhaltige Chemotherapie indiziert. Als Standardtherapie gilt die Kombinationstherapie aus Gemcitabin und Cisplatin. Nach einem initialen Ansprechen bzw. einer initialen Krankheitskontrolle durch eine cisplatinhaltige Therapie kommt es bei den meisten Patient:innen innerhalb eines Jahres zum Progress. Um die Krankheitskontrolle zu verbessern steht seit 2021 eine Erhaltungstherapie mit einem PD-L1-Inhibitor für Patient:innen zur Verfügung, bei denen es unter einer platinhaltigen Therapie zu keiner Krankheitsprogression kam. Bei etwa 30–50 % der Patient:innen kann aber aufgrund eines reduzierten Allgemeinzustandes oder relevanter Komorbiditäten keine cisplatinhaltige Chemotherapie durchgeführt werden. Für die Therapie von Patient:innen, die nicht für Cisplatin geeignet sind, ist kein Standard etabliert. Für Patient:innen mit gutem Allgemeinzustand kann die Kombination Gemcitabin und Carboplatin eine Alternative sein. Patient:innen mit PD-L1-positivem Tumor können mit einem entsprechenden Checkpoint-Inhibitor behandelt werden.
Zweitlinientherapie
Patient:innen mit metastasiertem Harnblasenkarzinom, die während oder nach einer platinhaltigen Therapie progredient sind, sollten nach den Empfehlungen der aktuellen deutschen S3-Leitlinie als Zweitlinientherapie der ersten Wahl einen Immuncheckpoint-Inhibitor erhalten. Bei Kontraindikationen gegen Immuncheckpoint-Inhibitoren kommen alternativ Vinflunin und Taxane, ggf. in Kombination mit Gemcitabin, oder nach einem therapiefreien Intervall von mindestens 6 Monaten, die Wiederaufnahme einer platinhaltigen Kombinationstherapie in Betracht. Patient:innen, die nach bzw. unter einer Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren einen Progress erlitten haben, können als Zweitlinientherapie eine Mono- oder Kombinationschemotherapie erhalten.
IMMUNONKOLOGISCHE THERAPIE
Immunonkologische Therapien zählen heutzutage neben der klassischen Chemotherapie zu den wesentlichen Therapiekonzepten bei Patient:innen mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom.
Seit 2017 sind auch PD-(L)1-Inhibitoren zur Behandlung von Patient:innen mit fortgeschrittenem Urothel- bzw. Harnblasenkarzinom zugelassen.