Das Hodgkin-Lymphom ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Systems. Für die Abgrenzung gegenüber Non-Hodgkin-Lymphomen entscheidend sind die beim Hodgkin-Lymphom nachweisbaren malignen Reed-Sternberg (RS)-Zellen. Diese stammen überwiegend von im Keimzentrum des Lymphknotens gebildeten B-Lymphozyten
ab.1,2Nach der WHO-Klassifikation lassen sich histologisch folgende Typen unterscheiden3:
Altersspezifische Erkrankungsraten nach Geschlecht, pro 100.000; Hodgkin-Lymphom; Deutschland von 2015 bis 20164
Die ursächlichen und/oder auslösenden Faktoren der Erkrankung konnten bisher nicht eindeutig geklärt werden. Neben genetischen Faktoren und angeborenen oder erworbenen Immunerkrankungen werden Infektionen mit Viren, vor allem dem Epstein-Barr-Virus (EBV), als mögliche Risikofaktoren
diskutiert.1,2Schmerzlose Lymphknotenschwellungen sind meist die ersten Symptome eines Hodgkin-Lymphoms. Bei ca. 70% der Patienten sind die zervikalen Lymphknoten und bei ca. einem Drittel die mediastinalen Lymphknoten betroffen. Relativ charakteristisch sind nach Alkoholgenuss schmerzende vergrößerte Lymphknoten (Alkoholschmerz) bei rund 5% der Patienten mit Hodgkin-Lymphom.5
Wichtig für die Stadieneinteilung des Hodgkin-Lymphoms und die stadienadaptierte Therapie sind die B-Symptome:1,6
Vor Therapiebeginn ist eine exakte Festlegung des Stadiums erforderlich. In der aktuellen Onkopedia-Leitlinie zum Hodgkin-Lymphom1 sind dafür die folgenden Untersuchungen vorgesehen:
Das Hodgkin-Lymphom wird nach der modifizierten Ann-Arbor-Klassifikation in Stadien eingeteilt:
Für die Risikostratifizierung werden von verschiedenen Studiengruppen neben dem Ann-Arbor-Stadium prognostisch relevante Risikofaktoren berücksichtigt. Die Deutsche Hodgkin Studiengruppe (German Hodgkin Study Group, GHSG) hat die folgenden Befunde als Risikofaktoren definiert:7
Die Primärtherapie des Hodgkin-Lymphoms erfolgt stadienabhängig mit – in der Regel – kurativer Intention. Nur bei Patienten mit ausgeprägter Komorbidität wird primär eine palliative Therapie erwogen. Patienten mit neu diagnostiziertem Hodgkin-Lymphom sollten möglichst im Rahmen klinischer Studien behandelt werden.
Für Patienten zwischen 18 und 60 Jahren, die aufgrund bestehender Ausschlusskriterien oder aus anderen Gründen nicht an einer klinischen Studie teilnehmen können, sieht die aktuelle DGHO-Leitlinie den folgenden stadienadaptierten Therapiealgorithmus vor:1
Patienten, die älter als 60 Jahre sind, sollten aufgrund der erhöhten Toxizität nicht mit BEACOPPeskaliert behandelt werden. Diese Patienten sollten entsprechend der aktuellen DGHO-Leitlinie 2, 4 bzw. 6–8 Zyklen ABVD erhalten.1
Durch eine angemessene stadienadaptierte Therapie können heute über 80% der Patienten mit Hodgkin-Lymphom geheilt werden. Als mögliche Spätfolgen der Chemo- und Strahlentherapie können allerdings Infertilität, Hypothyreose und koronare Herzerkrankung auftreten. Problematisch ist außerdem das lebenslang bestehende Risiko für Sekundärmalignome, wie akute myeloische Leukämie, myelodysplastische Syndrome, Non-Hodgkin-Lymphome und solide Tumoren.1
Bei der Behandlung von Patienten mit rezidiviertem Hodgkin-Lymphom, die an keiner klinischen Studie teilnehmen, sollten entsprechend der aktuellen DGHO-Leitlinie vor allem folgende Kriterien berücksichtigt werden:1
Für die Rezidivtherapie nach autologer Stammzelltherapie (ASZT) wurde 2012 Brentuximab Vedotin zugelassen. Das Antikörper-Drug-Konjugat zeigte in der zulassungsrelevanten Phase-II-Studie bei intensiv vorbehandelten Patienten sehr hohe Ansprechraten; langanhaltende Remissionen wurden aber nur bei Patienten beobachtet, bei denen Brentuximab Vedotin eine komplette Remission induziert
hatte.1,8
Rationale für den Einsatz eines PD (programmed death)-1-Inhibitors beim cHL sind die in den malignen Reed-Sternberg-Zellen vorliegenden Alterationen des Chromosomenabschnitts 9p24.1 mit Expression der Transmembranproteine PD-L1 und PD-L2.9 PD-1-Inhibitoren blockieren den inhibitorischen PD-1-Rezeptor und ermöglichen so die Reaktivierung der antitumoralen Funktion der T-Zelle und die effektive Eliminierung der für das Hodgkin-Lymphom charakteristischen malignen Reed-Sternberg-Zellen.10
PD-1-Inhibitoren wurden ab 2016 für die Rezidivtherapie des klassischen Hodgkin-Lymphoms nach autologer Stammzelltransplantation und Therapie mit Brentuximab Vedotin zugelassen (modifiziert nach1)
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