
Chronische myeloische Leukämie: Diagnose
Typische Symptome der CML sind Abgeschlagenheit, Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Knochenschmerzen oder Oberbauchbeschwerden infolge der Milzvergrößerung. Viele Patient:innen sind gerade zu Beginn der Erkrankung jedoch symptomfrei oder symptomarm, sodass die CML häufig als Zufallsbefund bei einer Blutbildbestimmung diagnostiziert wird.
Ergänzend zur Anamnese und dem körperlichen Befund (einschließlich sonographische Bestimmung von Milz- und Lebergröße), werden für die Diagnostik der CML
Nachweis des Philadelphia-Chromosoms
Die zytogenetische Analyse des Knochenmarkaspirats ermöglicht bei den allermeisten Patient:innen den Nachweis der Standardtranslokation t(9,22)(q34;q11), dem sogenannten Philadelphia-(Ph+)Chromosom. Zudem kann die Anordnung der Metaphasen in einem Karyogramm weitere Chromosomenanomalien erfassen, die den Verlauf einer CML potenziell ungünstig beeinflussen (z. B. Trisomie 8, Isochromosom 17). Bei nicht aussagefähiger zytogenetischer Analyse werden ergänzend Verfahren wie die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) eingesetzt. Diese weisen im Vergleich zur klassischen Chromosomenanalyse eine noch höhere Sensitivität und Spezifität auf. Für diese Analyse sind Zellen aus dem peripheren Blut ausreichend.
Stadienteilung
BCR-ABL1-positive Zellen sind genetisch instabil und neigen zur Entwicklung genomischer Aberrationen. Die Folge ist eine Transformation der Zellen von einem chronischen in einen akuten leukämischen Phänotyp und damit die Progression der Patient:innen von der chronischen (CP) in die akzelerierte Phase (AP) und Blastenkrise (BP).
Molekulares Ansprechen ist prognostisch entscheidend
Ein wesentliches Ziel der CML-Therapie stellt heutzutage das Erreichen eines stabilen tiefen molekularen Ansprechens (deep molecular response, DMR) dar. Den aktuellen ELN-Leitlinien von 2020 zufolge ist das tiefe molekulare Ansprechen als eine Reduktion der BCR-ABL-Transkripte um 4 Logstufen oder mehr definiert : MR4 (BCR-ABL1IS ≤ 0,01%), MR4,5 (BCR-ABL1 ≤ 0,0032 %) bzw. MR5 (BCR-ABL1 ≤ 0,001 %) beschreiben eine Reduktion des BCR-ABL-Transkripts um 4, 4,5 bzw. 5 Log-Stufen.
Diese Definition trägt Studienergebnissen Rechnung, die ein Erreichen dieser tiefen Log-Stufen mit TKIs der zweiten Generation gezeigt haben, und liegt der Bewertung des Therapieansprechens im Rahmen der Verlaufskontrolle zugrunde.
Dass die besonders tiefe Remission und der frühe Zeitpunkt der tiefen Remission eine hohe prognostische Relevanz haben, konnte unter anderem anhand von Daten aus der CML-IV-Studie der Deutschen CML-Studiengruppe bestätigt werden:
- Bei Patient:innen, die nach drei Monaten Therapie noch eine BCR-ABL-Last von > 10 % oder > 35 % Ph+ Metaphasen aufwiesen, war ein erhöhtes Risiko eines unzureichenden Therapieerfolgs frühzeitig abzusehen
- Patient:innen, die nach sechs Monaten eine BCR-ABL-Last > 1 % oder keine komplette zytogenetische Remission erreichten, hatten ein hohes Progressionsrisiko
- Patient:innen, die den kritischen Schwellenwert von < 10 %-BCR-ABL zum 3-Monatszeitpunkt nicht erreichten, hatten ein signifikant schlechteres 5-Jahres-Gesamtüberleben gegenüber Patient:innen, die den PCR-Meilenstein zu diesem Zeitpunkt erreicht hatten (p = 0,012). Dies spricht nach Ansicht der Autoren dafür, dass Patient:innen mit einem unzureichenden Imatinib-Ansprechen bereits beim 3-Monatszeitpunkt vom Wechsel auf einen modernen TKI der zweiten Generation profitieren könnten