Mesotheliome sind insgesamt seltene, aber an Häufigkeit zunehmende Tumorerkrankungen des Mesothels. Die mit großem Abstand häufigste Form ist das Pleuramesotheliom, dessen Pathogenese eng mit der Asbestexposition der betroffenen Patienten verknüpft ist. Darüber hinaus treten Mesotheliome mit absteigender Häufigkeit im Bereich des Herzbeutels, des Peritoneums und der Tunica vaginalis testis in nennenswerter Zahl auf. Zur Therapie des Pleuramesothelioms wird neben zytoreduktiven Verfahren derzeit insbesondere eine systemische, platinhaltige Kombinationschemotherapie eingesetzt. Die Prognose der Patienten ist jedoch ungünstig.1
Man unterscheidet in erster Linie zwischen folgenden histologischen Typen:5,6
Etwa 80–90 % der Pleuramesotheliome treten nach Asbestexposition auf. Da bereits eine relativ kurze Exposition von wenigen Wochen die Krebserkrankung verursachen kann, ist eine auf Asbestkontakt fokussierte Berufs- und Familienanamnese inkl. Arbeit der Ehepartner sowie eine Anamnese nach sonstiger möglicher Asbestexposition erforderlich.1 Das Risiko der Entstehung eines Pleuramesothelioms steigt mit der kumulativen Asbestdosis, wobei kein Grenzwert festgelegt werden kann, ab dem das Risiko eines Pleuramesothelioms gesteigert ist.1
Asbesthaltige Materialien
Asbest umfasst eine Gruppe von sechs faserförmigen Mineralen, die sich unter anderem durch ihre hohe Hitzestabilität auszeichnen und nicht brennbar sind. Zu diesen zählt Blauasbest (Krokydolith), welcher im Vergleich mit anderen Asbesttypen, z. B. Weißasbest (Klinochrysotil), besonders kanzerogen zu sein scheint. Neben den bekannten Fasertypen werden auch weitere Minerale wie Fluoro-Edonit im Zusammenhang mit malignen Pleuramesotheliomen gesehen.
Asbest ist ein früher sehr häufig in Baustoffen verwendetes Material, das zudem auch besonders häufig im Schiffsbau und in Bremsbelägen in der Autoindustrie eingesetzt
wurde7. Daneben wurden die sogenannte Kohlenstoffnanoröhren und ionisierende Strahlung als Risikofaktoren für Pleuramesotheliome identifiziert und bestätigt.1
Seit 1993 ist die Herstellung und Verwendung asbesthaltiger Materialien in Deutschland verboten, in der Europäischen Union seit 2005. Aufgrund der oft langen Latenzzeit von
Keimbahnmutationen wie die BAP1-Mutation und somatische Mutationen können unabhängig von einer Asbestexposition für die Entstehung von Pleuramesotheliomen prädisponieren. BAP1-Mutationen werden häufig bei familiärer Häufung von Pleuramesotheliomen beobachtet, ebenso bei Patienten mit malignen Pleuramesotheliomen in jungem Alter, niedriger Asbestexposition oder bei
Zweittumoren.1,6
Die Symptome des Pleuramesothelioms sind unspezifisch. Am häufigsten sind Gewichtsverlust, Dyspnoe und thorakale Schmerzen.
Bei Verdacht auf Vorliegen eines Pleuramesothelioms werden zunächst eine ausführliche Anamnese mit Berufsanamnese bezüglich Asbestexposition sowie eine Familienanamnese durchgeführt.
Bei unklarer Asbestbelastung können ggf. Asbestfasern mittels Elektronenmikroskopie des Materials einer bronchoalveolären Lavage oder einer Lungenbiopsie nachgewiesen werden. Dabei hat das Untersuchungsergebnis keine diagnostische Bedeutung, sondern bestätigt lediglich die Asbestexposition.3
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung kann ein einseitiger Pleuraerguss gefunden werden. Die Befunde der Laboruntersuchungen sind meist unspezifisch, evtl. können eine Thrombozytose und Leukozytose auffallen.1,8
Die Untersuchung von Tumormarkern wie Cyfra 21.1, Fibulin-3 und Mesothelin ist aufgrund mangelnder Sensitivität und Spezifität sowie einer teilweise relativ hohen Falsch-positiv-Rate diagnostisch, auch im Krankheitsverlauf, nicht wegweisend und deswegen nicht
empfohlen.1
Die Bildgebung ist der erste apparative Diagnoseschritt, der auch zur Bestimmung einer geeigneten Biopsielokalisation dient. Eine Diagnosesicherung mittels Bildgebung alleine ist nicht möglich.
Vor Therapiebeginn sollte ein Staging durchgeführt werden, das einen endobronchialen Ultraschall und eine Mediastinoskopie zur Bestimmung des Lymphknotenstatus umfasst, außerdem eine PET-CT und kontralaterale VATS, Laparoskopie und ggf. MRI von Gehirn, Thorax und Abdomen.1
Im nächsten Schritt wird eine Biopsie aus morphologisch auffälligen und unauffälligen Pleuraarealen zur Diagnosesicherung entnommen.1
Hierzu stehen zur Verfügung1
In der Histologie lässt sich zunächst die Invasionstiefe der malignen Zellen bestimmen. Sollte keine Invasion zu erkennen sein, spricht man von einer „atypischen mesothelialen Proliferation“.6
Immunhistochemie (IHC)
Diese dient dem Nachweis des mesothelialen Ursprungs des Tumors und der Abgrenzung von bösartigen Veränderungen anderen Ursprungs sowie von Metastasen anderer Primärtumoren. Die histologischen Typen sind dabei jeweils mit unterschiedlichen Oberflächenproteinen assoziiert, welche durch die IHC sichtbar gemacht werden. Insgesamt sollte mindestens auf das Vorliegen zweier mesothelialer Marker sowie zweier Marker für Adenokarzinome untersucht werden, um den mesothelialen Ursprung der malignen Zellen zu sichern.6
Die Untersuchung von Claudin 4 hilft im Kontext, zwischen einem Mesotheliom und Pleurametastasen bei einem Primärtumor anderer Lokalisation zu unterscheiden.1 Sind die Marker CEA, TTF1 und EP4 negativ, schließt das das Vorliegen eines Adenokarzinoms aus.6
Molekulargenetische Analysen
Die molekulargenetische Untersuchung mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybrisierung (FISH) dient dem Nachweis des mesothelialen Ursprungs des Tumors und der Abgrenzung von bösartigen Veränderungen anderen Ursprungs.
Ein bevölkerungsbezogenes Screening auf das Vorliegen eines Pleuramesothelioms wird weder für die allgemeine Bevölkerung noch für Risikogruppen empfohlen.1,6 Eine Prävention des Pleuramesothelioms kann durch ein generelles Asbest-Verbot erreicht werden, wobei der Effekt einer solchen Reglung sich aufgrund der langen Latenzzeit erst nach etwa 4 Jahrzehnten zeigen wird.
Die TNM-Klassifikation ist für das Staging relevant und richtet sich nach der Invasionstiefe des Tumors, dem Lymphknotenstatus sowie dem Metastasierungsstatus9.
Die Prognose des Pleuramesothelioms ist sehr schlecht; die 5-Jahres-Überlebensrate betrug im Jahr 2016 in Deutschland 12 % für Männer und 7 % für Frauen2. Das sarkomatoide Pleuramesotheliom scheint eine besonders ungünstige Prognose zu haben, das epithelioide Pleuramesotheliom hingegen eine bessere.
Die Wahl der Therapie berücksichtigt u. a. den Allgemeinzustand des Patienten, das Krankheitsstadium und die Histologie des Tumors. Multimodale Therapiekonzepte mit vollständiger Tumorresektion und platinhaltiger Kombinations-Chemotherapie waren in Bezug auf das Überleben gegenüber Monotherapien überlegen, sie sollten jedoch nur für ausgewählte Patienten im Rahmen von Studien angewendet werden.1,6
Patienten mit gesichertem malignen Pleuramesotheliom sollten grundsätzlich im Rahmen von Studien und bevorzugt an spezialisierten Zentren behandelt werden.1
Die Kombinations-Chemotherapie aus Pemetrexed oder Raltitrexed und Cisplatin/Carboplatin ist derzeit Therapie der Wahl bei Patienten in einem relativ guten Allgemeinzustand (ECOG 0-2) und ist einer Cisplatin-Monotherapie überlegen.6 Ggf. kommt die zusätzliche Gabe von Bevacizumab in Frage. Eine Erhaltungstherapie wird momentan nicht empfohlen.1
Eine Strahlentherapie kann zur Schmerzlinderung bei Weichteilinvasion erwogen werden. Biopsieentnahmestellen sollten dabei nicht präventiv bestrahlt werden. Eine Radiotherapie nach Operation könnte Einfluss auf das Rezidivrisiko haben (nur im Rahmen von Studien empfohlen).1
Eine radikale operative Therapie sollte stets im Kontext eines multimodalen Therapiekonzepts gesehen werden und kommt grundsätzlich nur für Patienten in Frage, bei denen kein sarkomatoider Subtyp vorliegt sowie bei N < 2 und einem UICC-Stadium < IV.1 Ziel ist eine möglichst vollständige Resektion makroskopisch sichtbarer Tumoranteile, nicht eine tumorrestfreie Resektion.
Als Operationsverfahren kommen die extrapleurale Pneumonektomie (EPP), die lungenerhaltende Pleurektomie und Dekortikation (P/D) und die partielle Pleurektomie in Betracht:6
Vor einer operativen Therapie muss eine kardiopulmonale Funktionsdiagnostik erfolgen, die technische Operabilität abgeklärt und Metastasen ausgeschlossen werden.1,6
Im Rahmen eines palliativen Therapiekonzepts für Patienten, bei denen weder eine operative Resektion noch ein chemotherapeutischer Ansatz in Frage kommen, stehen zur Verfügung
Insgesamt geht man davon aus, dass nur ein Teil der berufsbedingten, durch Asbest verursachten Erkrankungen als Berufserkrankung gemeldet wird. Zu den Asbest-assoziierten, als Berufskrankheiten anerkannten Erkrankungen zählen10,11:
Die Anerkennung als Berufskrankheit und danach zustehende Leistungen werden durch die Unfallversicherungen geregelt. Bei der Antragstellung sollte das Hinzuziehen eines Arbeitsmediziners mit Erfahrung in diesem Gebiet erwogen werden.
Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit sind:
Zu den Leistungen zählen unter anderem die Übernahme der Kosten der Heilbehandlung sowie der Ausgleich von eventuell durch die Erkrankung entstandener Erwerbsminderung für den Betroffenen und seine Familie.
Weitere Informationen zum malignen Pleuramesotheliom als Berufskrankheit sind beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) sowie bei den Unfallversicherungen verfügbar.